Ergänzende Unterlagen zur Klimaanalyse und Verwundbarkeitsuntersuchung auf Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung des Gemeindeverbands Mittleres Schussental Februar 24 2 Weiterführende Hinweise zur Umsetzung des KLAK in Baindt Schutz vorhandener Kaltluftprozesse Für die Gemeinde Baindt ist ein wichtiges Thema der Klimaanpassung aus Sicht der siedlungsbezogenen Handlungsfelder (A & B) der Schutz der vorhandenen Kaltluftprozesse (→ Umsetzungsziel U05, Steckbrief ab S. 107 im Hauptbericht zum KLAK). Im Süden von Baindt im Übergang zum Siedlungsgebiet von Baienfurt befindet sich eine Kaltluftleitbahn. Diese wird durch flächenhafte Hangabwinde von den östlich gelegenen Hängen gespeist (Abbildung 1, Klimaanalysekarte KAK). An der östlichen Siedlungsgrenze treten weitere flächenhafte Kaltluftströmungen auf, (siehe hoher Kaltlufttransport1 und blaue Kaltluftabflusspfeile in der KAK), die aber gegenüber Landnutzungsänderungen nicht so empfindlich reagieren, wie die Kaltluftleitbahn. Eine wichtige Rolle nimmt hierbei der Altdorfer Wald ein. In der Klimaanalysekarte ist dies zunächst nicht offensichtlich, da in der dargestellten Betrachtungshöhe von 2 m ü. Gr. wenig Kaltlufttransport innerhalb von Wäldern stattfindet (hellgrüne Farben am östlichen Gemeinderand). In Wäldern wird die Kaltluft über dem Kronendach gebildet und fließt je nach Geländeneigung am Rand des Waldes nach unten (siehe intensivere grün Töne am westlichen Rand des Altdorfer Waldes). In Flächen, die der Kaltluftleitbahn und den flächenhaften Kaltluftabflüssen zuzuordnen sind, aber auch im Altdorfer Wald, sind Landnutzungsänderungen maßvoll umzusetzen und hinsichtlich der Auswirkungen auf das Strömungsgeschehen zu beurteilen2. In dem hier dargestellten nach heutigen Bedingungen modellierten Klima profitiert der überwiegende Teil der Wohn- und Gewerbegebiete in Baindt von der guten Durchströmung mit Kaltluft, sodass nächtliche Lufttemperaturen von maximal 17,5 °C auftreten (siehe Überwärmung des siedlungsgeprägten Wirkraums in Abb. 1; 16 – 18 °C = optimale Schlaftemperaturen laut UBA3). Auf einigen Freiflächen in Baindt wird überdurchschnittlich viel Kaltluft produziert4 (pinke Punktschraffur in der KAK). Im Falle einer Umwandlung dieser Flächen zu Siedlungsgebieten ist hier auf eine Freihaltung bzw. Neuschaffung von Grünachsen in Strömungsrichtung zu achten (schwarze Pfeile in der KAK), damit dort sowohl Kaltluft aus der Umgebung transportiert als auch lokal neue Kaltluft gebildet werden kann. 1 detaillierte Beschreibung der Methodik siehe Anhang A (Technischer Bericht zur Stadtklimaanalyse) 2 Die exakte Zuordnung der Pfeile zu den umliegenden Flächen befindet sich im digitalen Stadtklimamanagementsystem (Geodaten zur Planungshinweiskarte). 3 UBA 2016: Heizen, Raumtemperatur, Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, https://www.umweltbundesamt.de/umwelttipps-fuer-den- alltag/heizen-bauen/heizen-raumtemperatur#so-erreichen-sie-das-ideale-raumklima-in-ihrem-heim (24.01.2024). 4 Die Beurteilung basiert auf dem für alle Freiflächen ermittelten Durchschnittwert für den gesamten GMS, Detail siehe Anhang A zum KLAK. 3 Abbildung 1, Ausschnitt Karte AB 16: Auszug Klimaanalysekarte KAK für Baindt; gekürzte Legende; Details siehe Anhang A zum KLAK. Resultierend aus den erhöhten Kaltluftvolumina am östlichen Siedlungsrand von Baindt liegen viele der Flächen mit „hoher stadtklimatischer Bedeutung“ (die insgesamt 11 % des Ausgleichsraumes in der Gemeinde ausmachen) in diesem Bereich (Abbildung 2 & Abbildung 3). In Übereinstimmung mit den in der PHK vergebenen Planungshinweisen ist auf diesen Flächen bei Eingriffen die stadtklimatische Funktion zu erhalten. Wie oben beschrieben besteht die Funktion in der Fähigkeit der Flächen Kaltluft zu produzieren und zu leiten. Dabei ist es nicht notwendig, dass der Prozess quantitativ erhalten bleibt, sondern eine gewisse Reduktion der Intensität der Strömungen ist vertretbar. Abbildung 2, Statistik der Flächenanteile der Bewertungskategorien aus der Planungshinweiskarte für die Gemeinde Baindt. 4 Schaffung von guten innerörtlichen Aufenthaltsorten am Tage Im Rahmen der vorliegenden kleinräumigen Klimaanalyse konnten für Baindt nur ein paar innerörtliche Grünflächen mit hoher/mittlerer stadtklimatischer Bedeutung und einer guten Ausgleichsfunktion am Tage identifiziert werden (z. B. am Sulzmoosbach). Daher besteht angesichts eines voranschreitenden Klimawandels vor allem für Hitzebelastungen am Tage Bedarf weitere öffentlich zugängliche kühle Rückzugsorte zu schaffen oder zu erhalten, z. B. am Dorfplatz (→ U02 und U03, Steckbriefe ab Seite 100 im Hauptbericht). Sechs Prozent der Flächen im Wirkraum von Baindt sind unter heutigen Bedingungen durch eine hohe stadtklimatische Belastung gekennzeichnet. Die Flächen liegen fast ausschließlich im Straßenraum. In den meisten Fällen begründet sich diese Bewertung aus einer ungünstigen bioklimatischen Situation am Tage. Auf diesen Flächen sollten daher aus Sicht der Klimawandelanpassung zum Erhalt der menschlichen Gesundheit Maßnahmen zur Reduktion der Wärmebelastungen umgesetzt werden. Dies kann z. B. durch Entsiegelung, Begrünung oder Vernebelung von Wasser gelingen (→ U1 – U4 & U6 Seiten 98 – 110 im Hauptbericht). Abbildung 3, Ausschnitt Karte AB 25: Auszug Planungshinweiskarte (PHK) für Baindt. Umsetzung von weiteren Maßnahmen zur Klimaanpassung aus dem Handlungsprogramm Die oben geschilderten Hinweise beziehen sich auf die siedlungsbezogenen Handlungsfelder A&B, die im Rahmen der Klimaanalyse und Verwundbarkeitsuntersuchung auf Ebene der vorbereitenden Bauleitplanung für den Gemeindeverband analysiert wurden. Zum Gesamtwerk gehören darüber hinaus vier weitere Handlungsfelder, die stärker auf den Freiraum fokussiert sind. Damit die Kommunen einen Überblick bekommen in welchen Gebieten, welche dieser Handlungsfelder eine besondere Rolle spielen und wo der Bedarf zur Umsetzung von geeigneten Maßnahmen zur Klimaanpassung besonders hoch ist, wurde eine zusammenfassende Handlungsprogrammkarte erstellt (Ausschnitt siehe Abbildung 4, die ganze Karte mit Legende befindet sich im Kartenteil des KLAK, siehe auch: Kapitel 4.5 im Hauptbericht). Die untenstehende Liste fasst zusammen welche Umsetzungsziele für den Siedlungs- und Freiraum laut Handlungsprogramm für die Gemeinde Baindt besonders wichtig sind. Wichtig ist hier bei der Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen über Verwaltungsgrenzen hinaus zu denken und die naturräumlichen Gegebenheiten bei Bedarf gemeindeübergreifend zu betrachten. 5 Abbildung 4: Ausschnitt aus der Handlungsprogrammkarte für den GMS mit Fokus auf die Gemeinde Baindt. Auswahl wichtiger Umsetzungsziele für den Freiraum laut Handlungsprogramm im Bereich der Gemeinde Baindt: • U5: Erhaltung und Sicherung des Schussentälers sowie weiterer Kaltluftleitbahnen und Kaltluftabflüsse • U2: Erhaltung und Aufwertung klimatisch wertvoller öffentlicher Grün- und Freiräume • U14: Sicherung und Entwicklung naturnaher Fließ- und Stillgewässer • U15: Reduktion des Eintragsrisikos von Nähr- und Schadstoffen in Oberflächengewässer • U16: Reduktion von Stoffeinträgen in das Grundwasser (z. B. durch Anpassungen der Düngepraxis ) • U17: Sicherung bedeutsamer Flächen für die Grundwasserneubildung • U22: Förderung des Erosionsschutzes und der bodenschonenden Praxis auf landwirtschaftlichen Flächen • U25: Sicherung der Erholungsfunktion von Wäldern • U27: Reduktion des Waldbrandrisikos & U24: Förderung eines klimaangepassten Waldumbaus • U29: Vernetzung bedeutsamer Waldlebensräume • U31: Sicherung und Entwicklung von feuchtegeprägten Ökosystemen 6 Strukturelle Berücksichtigung der Klimaanpassung in Kommunikation, Politik & Verwaltung Abschließend ist für die Gemeinde Baindt wie für alle Kommunen im GMS die strukturelle Berücksichtigung der Klimaanpassung in Kommunikation, Politik & Verwaltung wichtig (Handlungsfeld H). Die wichtigsten Maßnahmen in diesem Bereich sind: • Verbesserung der Personalausstattung durch Schaffung neuer Stellen für Klimaanpassungsbelange (→ U37) • Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in den Haushalt (→ U38) • Aufgleisen von kommunalen Förderprogrammen für Klimaanpassungsmaßnahmen auf privaten Flächen (→ U38) • Integration von Anforderungen zur Klimaanpassung in städtische Pachtverträge (→ U34) • Klimaangepasste Sanierung bzw. Neubau städtischer und kommunaler Gebäude und Einrichtungen (→ U35), z. B. durch Verwendung heller Fassaden, Energetische Optimierung der Gebäude, Begrünung der Fassaden und Dächer • Besondere Gewichtung klimatischer Belange bei der Abwägung von Nachverdichtung und Neubaugebieten (→ U36) • Einführung eines Klima-Checks für Bebauungspläne (→ U36) • Bereitstellung von Informationen zu den Themen „Klimagerechtes Bauen“ und „Nachverdichtung“ für zukünftige Bauherren (→ U39) • Patenschaften für kommunale Grünflächen oder Grünstrukturen (Baumscheibenpatenschaften, …) (→ U40)[mehr]
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